Advent

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
auf Edeltännleins grünem Wipfel,
häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
Und dort, von Ferne her durchbricht,
den dunklen Tann ein helles Licht.

 

Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer,
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht,
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege,
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muss es sein.

 

Und als das Häslein ging zur Ruh,
das Rehlein tat die Augen zu,
erlegte sie direkt von vorn,
den Gatten über Kimm und Korn.
Vom Knall geweckt rumpft nur der Hase,
zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase,
und ruhet weiter süß im Dunkeln,
derweil die Sterne traulich funkeln.

 

Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muss die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen,
nach Weidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
was der Gemahl bisher vermied.
Behält ein Teil Filet zurück
Als festtägliches Bratenstück.
Und packt sodann, es geht auf vier,
die Reste in Geschenkpapier.

 

Von Ferne tönt’s wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist’s, der in so tiefer Nacht,
so spät noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt auf goldnem Schlitten,
mit einem Hirsch herangeritten.
Sagt, gute Frau, hab ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?

 

Die sechs Pakete, Heil’ger Mann,
s’ist alles, was ich geben kann.
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise,
die Silberschellen klingen leise,
im Försterhaus die Kerze brennt,
die Glocke klingt, es ist Advent.

 


Man glaubt es kaum. Dies Gedicht ist tatsächlich von LORIOT! Es entstand 1969 und erntete damals Proteste; ja es führte sogar zu einer Anfrage im Deutschen Bundestag.
Trotzdem, einen schönen Advent, gesegnetes Fest und im neuen Jahr vom allen eines:
GESUNDHEIT und ein LANGES LEBEN. 

 

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