Gedanken zum Adventskranz

 

Gedanken zum Adventskranz

Der Adventskranz gehört als fester Bestandteil in unseren Jahreskreis. Jedes Jahr, wenn die Nächte länger sind und die Tage trübe, bringt der gebundene Kranz mit seiner grünen Farbe und dem angenehmen Duft Hoffnung und Erwartung in unseren Alltag. Der  Lichterkranz ist ein Wegweiser, der uns mit jeder neu entzündeten Kerze dem Weihnachtsfest näher bringt.

Die erste Kerze "meine Kerze"

Ich zünde die erste Kerze an.

Mir ganz allein soll sie gehören. Und immer, wenn ich sie anzünde, dann soll das gelten: meine Kerze. Ich will in das kleine Licht schauen und dem nachspüren, wie mein Weg durch den vergangenen Jahreskreis verlaufen ist. Ich mache mir die Höhen bewußt, die freudigen Ausblicke, die ich genossen habe. Aber auch die Tiefen, die Stunden des Leidens und der Hoffnungslosigkeit vergesse ich nicht. Sie haben mich auf meinem Weg weitergebracht, gerade auch sie.

Meine Kerze:

Ich - wo komme ich her? Wo bin ich angekommen, wie sehe und verstehe ich mich heute? Wohin will ich mit mir weitergehen?

Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken.

 

 

Meine Kerze:

Sie macht mich dankbar. Da gibt es soviel Gutes. Manches ist schon wieder vergessen. Ich sinne nach und laß es mir aufleuchten: Danke für die Genesung. Danke für die freundlichen Menschen, denen ich begegnet bin. Danke für meine Kinder. Danke auch für den gedeckten Tisch an jedem Tag.

 

 

Meine Kerze:

Sie läßt mich hoffen. Ich weiß nicht, wie es weitergeht mit meiner Familie, meiner Gesundheit, meinem Leben. Aber ich darf in jeden Tag und in jede Nacht getrost hineingehen. Ich bin nicht allein.

 

 

Meine Kerze:

Es ist viel, was sie mir über mich zu sagen hat. Ich will mir Zeit lassen und aufmerksam zuhören, was sie mir erzählt.

Die zweite Kerze  "Dein Licht"

Ich zünde die zweite Kerze an.

Laut und vernehmlich sage ich: Du.

Es ist dein Licht, diese zweite Kerze. Sie erinnert mich an dich. Sie bringt mich auf den Weg zu dir, in Gedanken, vielleicht auch durch einen Brief, einen Besuch, ein freundliches Wort. Vielleicht ist es auch nur eine Geste: Ich halte deine Hand einen Augenblick länger, ich lasse dich spüren: Du, du bist mir wichtig.

Du.

mein Sohn, meine Tochter, mein Partner, meine Schwester, meine Mutter, mein Vater, meine Nachbarin.

Du, dich meine ich:  die Schwester, die immer so freundlich in mein Krankenzimmer gekommen ist; dich meine ich: meine ehemaligen Arbeitskollegen, mit denen ich es nicht immer ganz leicht hatte; und auch dich meine ich: meinen ehemaligen Vorgesetzten.

 

 

Du:

ich zünde deine Kerze an, die zweite Kerze. Dir gehört sie, für dich leuchtet sie. Ich lasse mir Zeit, um darüber nachzudenken, wer mir gegenwärtig ist und wie ich ihm mitteilen will, daß ich an ihn denke. Es ist überraschend: So viele Namen, Gesichter, Freunde. Viele hatte ich vergessen, manche einfach übersehen. Und plötzlich sind sie ganz nahe.

Die dritte Kerze  "Wir Kerze"

Ich zünde die dritte Kerze an.

Ich nenne sie die "Wir Kerze". Wir in diesem Ort, in diesem Land, in diesem Erdteil, wir Erdenbürger. Zuerst fällt mir ein, daß es soviel trennendes gibt zwischen uns: Parteiprogramme und Ideologien, Konfessionen und Religionen, Rasse und Reichtum. Und was uns einander näher bringt ist oft eher dunkel und bedrohlich, eine gemeinsame Angst: Atomkrieg und Umweltvergiftung, zu Ende gehende Rohstoffe, Krankheit und Leid. Sind wir miteinander am Ende? Wie spüre ich beim Entzünden dieser Kerze Not und Ohnmacht? Was bleibt mir denn zu tun in diesem undurchschaubaren Chaos, mir, dem einen, kleinen und unbedeutendem Menschen? Vielleicht nur dieses, ein Stoßgebet : "Höhere Macht, erbarme dich über die Menschen, Tiere, Erde, Luft, Wasser." Vielleicht auch noch anderes. Ich will darüber nachdenken und mir dafür Zeit lassen. Ich schaue in das kleine flackernde Licht. Vielleicht sollte ich gerade über meine dritte Kerze einmal mit jemand reden?

Die vierte Kerze  "Christus- Kerze"

Ich zünde schließlich die vierte Kerze an.

Es ist nicht mehr weit bis zum Christfest. Ich nenne sie die "Christus-Kerze". Es kommt mir in Erinnerung, dass er von sich selber sagte: Ich bin das Licht der Welt: Wer zu mir kommt, der bleibt nicht im Dunkeln. Ich entzünde diese Kerze und denke dabei an die erste Kerze und an die zweite und dritte. Und ich denke an all die Erfahrungen, die ich mit ihnen gemacht habe.

Herr,

ich nehme dich beim Wort: Ich komme zu dir und warte darauf, dass es um mich und in mir hell wird. Lass mich hoffnungsvoll und dankbar mit mir selber in Frieden leben. Lass mich ja sagen zu meinen Stärken und Schwächen. Lass mich ja sagen zu meinem Weg über die Höhen und Tiefen.

 

 

Herr,

ich nehme dich beim Wort: Ich komme zu dir und warte darauf, dass du meinen Weg zum Anderen licht und hell machst. Lass mich durch Vergessen, Gleichgültigkeit, Streit hindurch zu ihm finden. Lass mich danke sagen. Und: Entschuldige bitte. Und: Ich mag dich. Ich warte auf hilfreiche Einfälle, ihn zu ermutigen und zu trösten. Herr, ich nehme dich beim Wort: Sei das Licht dieser Welt. Lass mich nicht resignieren über Not und Elend, das die Menschen sich und der Kreatur antun. Und zeige mir meinen Platz.

 

© 2010 Alle Rechte vorbehalten.

Erstellen Sie Ihre Website gratis!Webnode