Als sie lachte,

sagte man ihr, sie sei kindisch.
Also machte sie fortan ein ernstes Gesicht.
Das Kind in ihr blieb, aber es durfte ja nicht mehr lachen.

Als sie liebte,
sagte man ihr, sie sei zu romantisch.
Also lernte sie sich realistischer zu zeigen, und verdrängte manche Liebe.

Als sie reden wollte,
sagte man ihr, darüber spreche man nicht.
Also lernte sie zu schweigen.
Die Fragen, die ihr brannten, blieben ohne Antwort.

Als sie weinte,
sagte man Ihr, sie sei einfach zu weich.
Also lernte sie die Tränen zu unterdrücken.
Sie weinte zwar nicht mehr, doch hart wurde sie nicht.

Als sie schrie,
sagte man ihr, sie sei hysterisch.
Also lernte sie nur noch schreien, wenn niemand es hören konnte.
Oder sie schrie lautlos in sich hinein.

Als sie zu trinken begann,
sagte man ihr, das löse ihre Probleme nicht.
Sie solle eine Entziehungskur machen.
Es war ihr egal, weil ihr schon soviel entzogen worden war.

Als sie wieder draußen war,
sagte man ihr, sie könne wieder von vorne anfangen.
Also tat sie, als begänne sie ein neues Leben.
Aber wirklich leben konnte sie nicht mehr, sie hatte es verlernt.

Als sie ein Jahr später sich versteckt zu Tode getrunken hatte, sagte man nichts mehr.
Und jeder für sich versuchte leise, das Unbehagen mit den Blumen ins Grab zu werfen.

 

Von  Kristiane Allert-Wybranietz


 

 

 

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